Live
JadeEcho Bush - Glycerine
Programm Bild
Hinten: Christoph Sommer, Ramona Marx, Gregor Scheil, Sibylle Hellmann; vorne: Anna Ismailov, Lina
Freede, Lenke Lemke, Stefan Faupel, Schaneal Stießel, Janno Albrecht, Melina Martens

Musical im Stadttheater: Kein Pardon

Veröffentlicht von Radio Jade am 27.08.2025

Wilhelmshaven, Virchowstraße 44, Stadttheater. Reihe 4, Sitz 6. Das Licht wird gedimmt, doch der Vorhang hebt sich nicht. Ein Apparat schiebt sich nach vorne und bittet darum, eine Münze einzuwerfen. Gregor Scheil als Peter Schlönzke bahnt sich etwas tollpatschig seinen Weg und will den Automaten im ersten Anlauf ignorieren. Schließlich kann er dem verlockenden Angebot einer persönlichen Glücksmelodie doch nicht widerstehen und nach diesem Vorspiel hebt sich auch der Vorhang für das diesjährige Musical der Landesbühne Niedersachsen Nord: Kein Pardon:

Sofort ergreift die rheinische Frohnatur die Stimmung im Raum. Es wird direkt mitgeklatscht wo es sich anbietet. Das Publikum schaut auf verschiedene Rundbögen mit einer Vielzahl von Lichtelementen. Im Rampenlicht steht eine Show-Treppe wie sie seit Erfindung des Unterhaltungsfernsehens vorhanden sein muss, wie das Amen in der Kirche. Peter Schlönzke kommt gerade rechtzeitig ins elterliche Wohnzimmer um dem Fernsehabend beizuwohnen. Der Gelsenkirchener Barock grüßt von den Wänden. Fernsehen, der beste Kumpel der Hauptfigur. Sehr zu seiner Überraschung hat die Familie ihn für das nächste Casting angemeldet. Wie langweilig ist doch das Leben im Familienbetrieb „Schlönzkes Schnittchen“ im Vergleich zur bunten Welt hinter der Mattscheibe. Wie in der Filmvorlage wird der Besuch beim Casting jedoch zum Desaster. Der Moderator der so geliebten Abendsendung ist hinter den Kulissen ein grässlicher Hochstapler mit fürchterlich falschem Gebiss. Mit diesem begrüßt Stefan Faupel als Heinz Wäscher breit grinsend und noch breiterem Dialekt den Pöbel, der ihm die Einschaltquoten verleiht. Schrecklich desillusioniert tritt Peter Schlönzke den Heimweg an:

Wie in der Filmvorlage ist die Geschichte hier noch nicht vorbei und die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen. Peter Schlönzke wird zum Kabelträger, vom Kabelträger zum bekannten Maskottchen, dem Glückshäschen, er findet in Tongestalterin Ulla eine Verbündete für große Träume und als ihm wegen des Unvermögens des Showmasters Heinz Wäscher der Kragen platzt übernimmt er sogar dessen Posten:

Doch Hochmut kommt vor dem Fall. Hape Kerkeling erdachte den Film in den 90er Jahren als Kritik an der Schnelllebigkeit im Show-Geschäft. Thomas Hermanns ergänzte das Drehbuch für das Musical um 50 weitere Minuten Unterhaltung. Begleitet von der eingespielten Bühnenband und dem Tanzstudio Let’s Dance stolpert Peter Schlönzke im Schweinsgalopp vom Showmaster zurück zum Schnittchen-Schmierer. Ausgerechnet von der ehemaligen Assistentin, die ebenfalls im Rekordtempo die Karriereleiter zur Talk-Show-Moderatorin erklommen hat, wird er mit Hilfe seiner eigenen Familie zu Fall gebracht:

Doch vielleicht hilft ihm ja die Glücksmelodie vom Anfang des Stücks. Wer gefallen an dem Kultfilm hatte, wird auch gefallen an dem Stück finden, das am Samstag Premiere feierte. Noch gibt es Karten für die folgenden Aufführungen. Wer den Film nicht gesehen hat kann sich dennoch auf einen unterhaltsamen Abend freuen und erfahren was sich in den 80ern und 90ern in der Flimmerkiste so abgespielt hat.   

Foto: Volker Beinhorn